Die 7 Songs auf Jeannys neuem Album Cecilia sind die musikalische Aufarbeitung 7 aufeinanderfolgender Therapiesitzungen. Schon im Intro werden einige Themen der folgenden Songs/Sitzungen vorweggenommen (Zwischen Rassismus und Totgeburt) und es wird deutlich, dass der Weg ein steiniger und mühsamer werden wird. So steril wie dieser Raum / Meine Gefühle leider auch / Nie wirklich ausgepackt / Geschweige denn nur aufgemacht (…) Das ist die erste von 7. Auf den folgenden Tracks versucht sich Sänger Pablo Scheuhammer jener Themen zu entledigen, die ihn in Therapie und zum Schreiben dieses Albums gebracht haben, von Alkohol- und Drogensucht (Munter, Analog/Synthetisch), Alltagsrassismus (Fleck), Fehlgeburten und der gesellschaftliche Umgang damit (Garten), Depression (Sommer) bis schließlich zum Tod seiner Mutter, der im Closer Cecilia gleichzeitig mit analytischer Distanz als auch intimer Offenherzigkeit bewegend und eindringlich verarbeitet wird. Beziehungsweise eben auch nicht verarbeitet wird, denn hier wird deutlich, dass Therapie nur der Anfang eines Prozesses ist. Obwohl es die ruhigste Nummer des gleichnamigen Albums ist und sich die die innerliche Zerrissenheit, die einige der Tracks davor auch akustisch ausgezeichnet hat, aufzulösen scheint, bleibt das Gefühl, obwohl wir hier schon am Ende des Albums sind, dass es nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Ein Blick zurück auf die zwei letzten Jahre / War Therapie die Antwort oder Frage?
Die Wiener Band Jeanny kehrt ihr Innerstes nach außen. Zwischen Indie, Post-Punk und -Hardcore verarbeiten die fünf Musiker Persönliches bis Persönlichstes mit einer Ehrlichkeit, die sich oft wie eine kalte Dusche anfühlt. Dass sich die Musik Jeannys trotz kompromisslosem Sound und schonungslosen Texten dennoch nie in Aggressivität auflöst ist vor allem ihrem sensiblen Songwriting und der Trompete von Bernhard Schrenk geschuldet, die den sanften Gegenpol zum rifflastigen Gittarenspiel und dem Sprech- bis Schreigesang von Songwriter Pablo Scheuhammer bildet. Gemeinsam mit Fabian Novakovics (Bass), Christoph Kerschhackel (Schlagzeug) und Daniel Mahkovec (Synthesizer, Gitarre) haben sie gerade ihr zweites Album Cecilia veröffentlicht und haben dabei keine Angst, auch mal da hinzugehen wo’s weh tut.